Neurodermitis: Leicht, mittel, schwer?

von Hautarzt Dr. Johannes Bisschoff

Neurodermitis ist eine sehr vielschichtige Erkrankung. Um die geeignete Behandlung zu finden, erfassen Hautärzte mittels Punktesystem den Schweregrad und die Beeinträchtigung der Lebensqualität.

Neurodermitis ist eine heterogene Hauterkrankung mit individuellem Verlauf. Oftmals haben Patienten Erkrankungsschübe, wobei Dauer und Stärke der Schübe unterschiedlich sein können. Manche Patienten leiden auch dauerhaft an entzündeten Ekzemen. Um die optimale Therapie zu finden, orientieren sich Hautärzte an wissenschaftlichen Messmethoden. Mögliche Instrumente zur Beurteilung des Schweregrads der Erkrankung sind der SCORAD-Index (Scoring Atopic Dermatitis) und der EASI-Index (Exzeme Area and Severity Index). In beiden Fällen wird die Schwere der Erkrankung und Ausbreitung bzw. die befallenen Hautbereiche beurteilt. Wenn Ekzeme an sichtbaren Stellen wie den Händen, am Hals, im Gesicht oder am Kopf auftreten und Patienten z.B. viel Kundenkontakt haben, wird das genauso bei der Therapiewahl berücksichtigt.

Beim SCORAD-Index werden zusätzlich subjektive Symptome wie Juckreiz und Schlaflosigkeit bewertet. Gerade der Juckreiz kann bei Neurodermitis sehr quälend sein, doch manche Patienten haben sich an den Juckreiz gewöhnt und können diesen „ausblenden“. Nicht alle Patienten sind somit gleich belastet.

Leidensdruck ist individuell

Um die Auswirkungen der Erkrankung auf die Lebensqualität zu erheben, kommt der dermatologische Lebensqualitätsindex (DLQI) zum Einsatz. Der Fragebogen enthält zehn Fragen zu Gefühlen, Alltag, Freizeit, Beruf und sozialen Kontakten. Die Antworten der Patienten werden mit Punkten bewertet. Gemeinsam mit der Beurteilung des Hautzustandes durch den Arzt ergibt sich so eine umfassendes Bild von der Schwere und der Beeinträchtigung im Leben. Das bildet eine wertvolle Grundlage für die optimale Therapiewahl.

„Juck-Attacken bei Neurodermitis in der Nacht müssen nicht sein! Je nach Phase und Verlauf gibt es heutzutage geeignete Behandlungen,“ so Dr. Johannes Bisschoff

Schweregrade oft fließend

Viele Menschen leiden an einer trockenen Haut. Der Übergang zu einer Neurodermitis kann fließend sein. Denn Neurodermitis geht mit einer Barrierestörung der Haut einher. Das bedeutet, dass die Haut durchlässiger ist und Fremdstoffe leichter die Hautbarriere durchdringen können. Diese treffen auf ein fehlgeleitetes Immunsystem und die Entzündung wird entfacht. 

Leichte Neurodermitis: Typisch sind eine trockene, gerötete Haut und einzelne entzündete Haustellen in Armbeugen oder Kniekehlen, die mit leichtem Juckreiz einhergehen. Häufig ist die Behandlung mit einer geeigneten Pflegecreme ausreichend.

Mäßige Neurodermitis: Oftmals ist der Übergang zu einer mäßigen Neurodermitis fließend. Bei einer mäßigen oder mittelschweren Neurodermitis kommt es zu einer stärkeren Rötung und vermehrtem  Juckreiz. Die entzündeten Hautareale können größer sein. Wenn die bisherige Hautpflege in dieser Situation nicht mehr ausreicht, sollten Patienten unbedingt ihren Hautarzt aufsuchen. Zur Anwendung können kortisonhaltige oder antientzündliche Cremen bzw. Salben kommen. 

Schwere Neurodermitis: Auch hier ist eine genaue Abgrenzung zur mäßigen Verlaufsform schwierig. Als Orientierung dienen jedoch diese Signale: wenn Patienten nachts nicht schlafen können, sehr unter den Anzeichen leiden, ein größerer Teil des Körpers betroffen ist sowie topische Medikamente nicht mehr  ausreichen, ist ein zeitnahes Arztgespräch unbedingt notwendig. 

Zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer Neurodermitis werden heutzutage moderne Systemtherapien wie Biologika als Injektion bzw. Spritze oder Januskinase-Hemmer in Tablettenform eingesetzt. Diese lindern die Entzündung und den Juckreiz, führen zur sichtbaren Hautverbesserungen und einer höheren Schlaf- und Lebensqualität.

Mehr Informationen zu Biologika und Januskinase-Hemmer sind hier.

Neben der geeigneten Behandlung ist die laufende Basispflege und ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener Ernährung sehr wichtig. Regelmäßige Gespräche mit dem Hautarzt und eine gute Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient sind für die Therapiewahl und den Behandlungserfolg entscheidend!

Autor: Hautarzt und Allergologe Dr. Johannes Bisschoff

Dr. Johannes Bisschoff kommt ursprünglich aus Südafrika und absolvierte die Ausbildung zum Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten an renommierten Kliniken und Praxen in Deutschland. Nach der Facharztausbildung zog es Dr. Bisschoff nach Wien. Zu seinen Spezialgebieten in der Praxis „Medizin am Hauptbahnhof“ zählen unter anderem die Früherkennung und Therapie entzündlicher Hauterkrankungen wie z.B. der Neurodermitis, Schuppenflechte oder Acne inversa. Als Allergologe ist Dr. Bisschoff auch Ansprechpartner bei allergischen Erkrankungen, Unverträglichkeiten und Intoleranzen.

 

 

Stand der Information: 10. März 2023